Bericht von Maximilian Herb

Hallo!

Mit meinem Erfahrungsbericht möchte ich über meinen dreimonatigen Freiwilligendienst im Kinderhilfswerk „Dominiño“ in der dominikanischen Republik berichten.
Auf einem Teamtreffen in Köln Anfang März habe ich von der Gründerin und ehemaligen Volontären erfahren, was mich ungefähr erwarten wird und meine Aufgaben erhalten. Dennoch war ich gespannt, was auf mich zukommen wird.
Am 16. März bin ich von München nach Santo Domingo, der Hauptstadt der dominikanischen Republik geflogen. Dort wurde ich von einer dominikanischen Helferin und einer deutschen Volontärin vom Flughafen abgeholt.
Gemeinsam sind wir in das Projektgebiet gefahren und die beiden haben mir gezeigt, wo ich in der kommenden Zeit wohnen werde. Das Projektgebiet liegt im Osten von Santo Domingo, das Viertel heißt „San Luis“ und hat etwa 330.000 Einwohner.

„Dominino“ wurde 2011 von der Kölnerin Tabea Thomaschke gegründet. Es ist ein Kinderhilfswerk für arme Kinder aus Haiti und der dominikanischen Republik und betreut circa 100 Kinder im Alter von zwei bis 15 Jahren. Die Kinder im Alter von 2 bis 5 Jahren werden im Kindergarten/in der Vorschule betreut und die älteren Kinder in zwei Schulklassen.


Am darauffolgenden Montag ging meine Arbeit auch schon los und ich wurde von allen sehr herzlich im Kinderhilfswerk begrüßt. Auch die Kinder haben sich riesig gefreut und sind ohne große Berührungsängste auf mich zugestürmt, haben mich umarmt oder sind an mir hochgeklettert.
Bei „Dominiño“ arbeiten fünf Lehrerinnen sowie Kindergärterinnen und ein bis zwei Volontäre aus Deutschland. Während meines Aufenthaltes war ich der einzige Volontär.

Meine erste Aufgabe war die Organisation eines Spenderfestes. Das Unternehmen „DER Touristik“ hat zusammen mit der Stiftung „FLY & HELP“ dem Kinderhilfswerk ein neues Schulgebäude spendiert, in das „Dominiño“ erst vor wenigen Monaten eingezogen ist. Deswegen kamen die Geschäftsführer von „DER Touristik“, der Vize-Tourismusminister der dominikanischen Republik, Pressevertreter und weitere Verantwortliche Mitte April nach San Luis, um sich ein Bild von den Veränderungen zu machen. Zur Feier des Tages, übte ich zusammen mit den Lehrerinnen und Kindern Gesänge, Tänze und eine Rede ein, organisierte die Verpflegung und bereitete eine Stadtführung vor.
Dann war der große Tag gekommen! Alles lief reibungslos ab und die Besucher waren begeistert von der tollen Arbeit bei „Dominiño“ und freuten sich, was sie mit Ihrer Spende bewirkt hatten.
Zu meinen weiteren Aufgaben gehörte es, Hausbesuche bei Kindern des Hilfswerks zu machen. Hierbei fuhr ich zusammen mit einer Lehrerin, die ein Motorrad besaß, zu den Häusern der Kinder, die nur sehr selten oder gar nicht in die Schule kamen. Viele wohnen bei Nachbarn oder Verwandten und keiner macht sich die Mühe, die Kinder regelmäßig in die Schule zu bringen und wieder abzuholen. So verbringen die Kinder den ganzen Tag im Haus oder auf der Straße, ohne Bildung, gleichaltrige Spielgefährten oder abwechslungsreiches  und gesundes Essen.
Diese Hausbesuche waren oft sehr zermürbend, da viele der „Erziehungsberechtigten“ Alkohol- oder Drogenprobleme haben und unsere Bitten, die Kinder regelmäßig zur Schule zu bringen, oft auf taube Ohren stießen. Zudem war es erschreckend zu sehen, in welchen Zuständen viele Kinder leben: Völlig auf sich allein gestellt und in dreckigen Häusern ohne Wasser und Strom. Gerade hier wäre es wichtig, dass sie zumindest untertags in das Hilfswerk kommen. Glücklicherweise hat sich die Situation im Laufe meines Aufenthalts gebessert und viele Kinder kamen nach unseren Besuchen wieder regelmäßiger zu „Dominiño“.
Eine andere Aufgabe war das Verfassen von Patenbriefen zusammen mit den Kindern. Fast alle Kinder bei „Dominiño“ haben Paten in Deutschland, die das Kinderhilfswerk mit monatlichen Spenden unterstützen. Natürlich wollen diese Paten auch sehen, welche Fortschritte „ihre“ Kinder machen. Mit den Kleineren habe ich also gemalt und erste Schreibversuche unternommen und mit den Größeren Patenbriefe auf Spanisch geschrieben und auf Deutsch übersetzt. Dann habe ich die Kinder zusammen mit Ihren Briefen fotografiert und diese Bilder an die Patenschaftsbeauftragte in Deutschland gesendet, die die Briefe an die jeweiligen Paten weitergeleitet hat. Die Resonanz war sehr positiv und oft kam schon innerhalb kürzester Zeit eine Antwort von den Paten, sodass sich hier zwischen manchen Paten und Kindern eine regelrechte „Brieffreundschaft“ entwickelt hat.
Eine andere große Aufgabe war die Organisation eines „día medico“, dem Besuch eines deutschen Zahnarztes. Ein Pate hatte relativ kurzfristig angekündigt, dass ein deutscher Zahnarzt zum Urlaub machen in die dominikanische Republik kommen würde und dass er gerne mal im Kinderhilfswerk vorbeischauen könne. Also organisierte ich innerhalb eines Tages das am dringendsten benötigte Zahnarztequipment wie Spritzen, Betäubungsmittel und Zangen. Als der Zahnarzt dann eintraf, warteten schon etwa 50 Kinder plus Eltern und Geschwister auf ihn. Viele der Kinder haben sehr schlechte Zähne und oft sind auch die zweiten Zähne schon sehr stark von Karies betroffen. Also gab es erst einmal die obligatorische Mahnung, weniger Süßigkeiten zu essen und öfter die Zähne zu putzen, bevor Zähne, die nicht mehr zu retten waren, bis spät in die Nacht im Akkord gezogen worden. Gar nicht so einfach, zudem nach Einbruch der Dunkelheit ein Stromausfall die Arbeit deutlich erschwerte!
Eine andere große Aufgabe war die Einrichtung eines Kindertagesheims. Im ersten Stock des Kinderhilfswerks waren drei Räume, die bisher ungenutzt waren. Fünf Kinder die bereits bis zum Nachmittag bei „Dominiño“ waren, kamen aus besonders schwierigen Verhältnissen. Drei Schwestern wuchsen bei entfernten Verwandten auf, da ihre Eltern gestorben waren und zwei Brüder bei ihrer Großmutter, die jedoch keine Lust hatte, sich um die beiden zu kümmern. Einer der beiden wurde außerdem von seinem Stiefvater schwer misshandelt und vergewaltigt. Für diese Kinder sollten also ungenutzten Räume so umgebaut werden, dass sie bis zum Abend versorgt werden konnten und sich in einer kindgerechten Umgebung aufhalten konnten. Also suchte ich nach Handwerkern, die uns dabei halfen, Trennmauern einzuziehen und einem Schreiner, der Türen verbaute und eine Sitzgruppe schreinerte. Dann verklebte ich zusammen mit einer anderen Helferin einen neuen Boden und strich die Räume in neuen, fröhlichen Farben. Außerdem kauften wir neue Möbel und Spielsachen für die Kinder. Nach einer Woche konnten Sie ihr neues „Zuhause“ beziehen und freuten sich riesig über ihre „eigenen“ Kinderzimmer!
Die letzte große Aufgabe, die regelmäßig angefallen ist, war es, den Englischunterricht für die Kinder zu halten. Sehr wenige Leute in der dominikanischen Republik sprechen Englisch und so ist dies eine Aufgabe, die in der Regel von den Volontären übernommen wird. Mit den Kindern im Kindergarten / in der Vorschule übte ich das englische Alphabet, die Zahlen und lernte neue Wörter anhand von kleinen Zeichnungen und / oder Liedern. Wahnsinn, wie schnell Kinder lernen und Fortschritte machen! Mit den größeren übte ich einfache Konversationen, beispielsweise wie man sich vorstellt, wie alt man ist etc. Ich hoffe, die Kinder können darauf aufbauen und ihre Kenntnisse erweitern, sodass sie später zum Beispiel einen der begehrten Jobs im Tourismusbereich ergattern können.

Zum Schluss möchte ich noch etwas zu den allgemeinen Lebensumständen im Projektgebiet erzählen: Während meines Aufenthaltes war ich bei einer Bekannten der Gründerin von „Dominiño“ untergebracht. Dort hatte ich mein eigenes Zimmer in ihrem Haus. Die Nachbarschaft war sehr offen und herzlich und hat mich bei jeder Gelegenheit mit Fragen bombardiert, wie unser Leben in Deutschland so abläuft. Nun ja, auf jeden Fall sehr unterschiedlich zu dem in San Luis! :-)
Strom- und Wasserausfälle sind dort zum Beispiel an der Tagesordnung. Man muss damit rechnen, dass es fließend Wasser nur circa neun Stunden pro Tag gibt. Auch der Strom fällt ständig aus, sodass Lebensmittel nicht durchgehend gekühlt werden etc. Auch Alkohol- bzw. Drogenabhängigkeit spielt leider eine große Rolle. Ungefähr zwanzig Nachbarn, größtenteils Männer, waren schwerste Alkoholiker. Außerdem ist das Thema Kriminalität nicht zu vernachlässigen. Manche Gegend durfte ich als Ausländer, vor allem nachts, auf keinen Fall alleine betreten.
Aber mit der Zeit gewöhnt man sich an vieles und weiß, die Situationen richtig einzuschätzen.

Für mich war das Volontariat bei „Dominiño“ eine wunderbare Zeit, aus der ich viele neue und tolle Eindrücke mitgenommen habe. Sämtliche Aufgaben haben großen Spaß gemacht und es war schön zu sehen, was man mit seiner Arbeit bewirken kann. Ich hoffe, dass die Kinder aus San Luis noch lange in den Genuss von Bildung und Schutz durch „Dominiño“ kommen und Ihnen dadurch eine bessere Zukunft bevorsteht!
Vielen Dank an die „Blickwinkel Stiftung“ für die Unterstützung!